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Bester Hamann,
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Mittwoch d. 10.
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Sept. fanden wir, Kaufmann und ich uns in Berlin
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zusammen, und nun sind wir seit gestern Abends in Krappiz, bei dem edlen
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Haugwiz. Ich hatte Kaufmannen seit Montag in Berlin erwartet, einige kleine
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Geschäfte bestellt, und er wollte blos durchreisen, da mußt ich aber aus
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Unbesonnenheit ein Sbiel Karten dergleichen
wo
ich im Philanthropin
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manchmal mit den Kindern brauchte, eingepackt haben, und das fanden die
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Accisebedienten und da mußten wir uns 3 volle Tage in Berlin herumtreiben
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uns verhören lassen und rechtfertigen, bis wir für 3 thl. 18 gr. quitt und los
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gesbrochen wurden. Also konnten wir erst Sonnabend Nachmittags abreisen.
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Kaufmann sah wenige Menschen in Berlin. Meist war er bei Chodowiecki.
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Eine wunderliche fatale Anekdote von Kaufmann hab ich in Berlin erfahren,
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über welche wohl niemand als Sie, bester Hamann, mir vielleicht Licht geben
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kann,
vielleicht
die ich auch sonst niemanden anvertrauen darf. Er soll in
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Königsberg erzählt haben, daß
in sei
ihn in seiner Jugend sein Vater habe
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zum Scharfrichter bestimmt, und da habe er eine Lehrzeit von drei Jahren
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ausgehalten und sei von dem vielen Viehmezeln so blutgierig gewesen daß er
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lange Zeit habe kein Truthun ansehen können, ohne die Versuchung ihm den
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Hals abzuhauen. Auch sei er drei Jahre bei einem Bauer gewesen und
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hinterm Pfluge gegangen. Vielleicht wissen Sie, bester Hamann, wie ein solch
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Geschwäze entstanden und herumgekommen sein kann. Schreiben Sie mirs
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doch, wenn Sie irgend eine Muthmassung darauf haben.
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Wir werden uns wahrscheinlich einige Wochen in Krappiz bei einem der
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herrlichsten glücklichsten Ehepaare aufhalten. Ich hoffe Kaufmann werde bei
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diesen reinen Seelen ausruhen und sich erholen von dem Druck der
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allgemeinen Verstimmung der heutigen Menschheit, die jedem Edlern (ohne Zweifel,
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Bester, auch Ihnen) sein tägliches Kreuz und Wermuth ist. Ich finde zwar
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täglich mehr daß Kaufmann in keinem einzigen Menschen ausser
ihm
sich
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Ruhe und Zuflucht haben kann sondern daß die Kraft Gottes in ihm sein
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Ein und Alles ist und ewig bleiben wird.
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Leben Sie wohl, edler, liebenswürdiger Hamann. Ihr liebreiches
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Antheilnehmen ist herzliche Freude für Ihren verbundensten
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Krappiz in Oberschlesien
Ehrmann
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d 18.
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Sept. 1777.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2553 [Gildemeisters Hamanniana], I 29.
Bisherige Drucke
ZH III 373 f., Nr. 510.