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Kgsberg den 2 April 777.

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Herzlich geliebtester Freund,

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Wundern Sie sich nicht, daß ich Ihnen noch eine Antwort seit den 7 Januar.

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schuldig geblieben bin. Ein neues
Quartan
fieber, das mich mehr als das erste

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mitgenommen und hundert häusliche und andere Unruhen können mich

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hinlänglich entschuldigen ohne daß ich nöthig habe mich in eine umständl.

S. 309
Erzählung einzulaßen. Meine Veränderung wißen Sie und ich befinde mich in

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einem solchen Labyrinth deßen Ausgang ich noch gar nicht absehen kann.

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Gottlob! mein Häuschen ist verkauft für die Hälfte deßen, was es mir baar

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kostet; und bey meiner neuen Einrichtung sucht man mir das Leben auch so

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sauer als mögl. zu machen. Doch ein schwerer Anfang verspricht ein desto

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beßeres Ende und ruhigern Fortgang. Seit dem
fatal
en September habe ich

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die Frau Consistorial Rathin
p
nicht mit Augen gesehen und zum ersten mal

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am vorigen Charfreytage bey Ihnen einen Besuch ablegen können. Sie hat

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ein recht mütterl. Verlangen und Sehnsucht Ihnen das letzte Lebewohl! auf

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der Welt zu sagen, klagte über ein schweres Lager, das Sie wider Hofnung

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überstanden und von dem Sie mir wirklich schien sich sehr erholt zu haben.

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Ohngeachtet ich noch mit den Erben in Rechnung stehe wegen des

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Ueberschußes der durch den Druck verursachten Unkosten, muste ich um Auszahlung

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der 17 rth 2 ggl. anhalten, die ich auch sogl. erhielt gemäß Ihrer Anweisung

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dazu vom 24
Xbr. pr.
aber zu meinem grösten Verdruß erfuhr, daß man eine

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Remise
von Büchern an Sie gethan ohne mir den geringsten Wink davon

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gegeben zu haben, des
Fabricii Bibl. Graec.
Ihnen beylegen zu können – den

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also
Hinz
mitnehmen muß. Es sind aber nur 9
Volumina,
wie im
Catalogo

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die Anzahl derselben angesetzt ist und ich vermuthe daß entweder nachher noch

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einige ausgekommen seyn müßen oder eine neuere Ausgabe davon seyn muß.

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In welchem Fall der erste Käufer mit Ihnen ein gl. Schicksal gehabt hätte.

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In Ansehung des
Catholici
habe ich bedeutet, daß Sie den
Auctions
Preiß

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nebst dem Bande gutthun, der Ueberschuß zur
Praenumeration
unter sämtl.

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Erben vertheilt werden muß. Aber das ärgste ist, daß man Ihnen die 2 Theile

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A
u
E
roh miteingepackt, die ich willens war dem Verfaßer zu
remitti
ren.

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Also steh ich wider am Berge und kann noch der Sache kein Ende rein machen.

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Ich wünschte daher, wenn sich dort ein Liebhaber dazu fände, der 2 # bezahlte

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oder
s
Sie mit Hintz einen Vergleich machen könnten, weil die Hin- und

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Herversendung und die Versäumung gegenwärtige
r
Meßzeit einen verdrüßl.

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Verzug und die Gefahr etwas an dem Buche zu verderben oder zu verlieren

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leicht nach sich ziehen könnte.

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Da ich Selbst für 3 Buchstaben
C. B. D.
mein
Quotum
übermachen muß

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und das mir zugedachte Geschenk nicht annehmen kann, weil ich mich für die

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2 Mahnbriefe bedanken muß: so wünschte ich wenn mein Vorschlag die beyde

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durch ein Versehen Ihnen roh übermachte Theile, dort anzubringen Ihnen

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gelingen möchte u Sie im stande wären mir den Werth von 2 # in
Louis d’or

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so bald wie mögl. zu übermachen.

S. 310
Um von einer unangenehmen Sache zu einer andern überzugehn, bin ich

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einem
Bancorutto
näher gewesen, als ich es selbst gewust. Mein Erbtheil war

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5000 fl. mein Haus kostet mir 6000 fl. Mit der Hälfte, die ich

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widerbekommen, bin jetzt im stande 3000 fl. zu decken, für die ich meinem unglückl.

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Bruder hafte. Ich fange also von vorn an und mein gegenwärtiger Dienst ist zu

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rechter Zeit gekommen. Mein Gehalt bleibt daßelbe; freye Wohnung habe

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aber gewonnen – und wegen des Gartens wird es noch ein Strauß seyn. Der

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Geitz straft sich selbst und aufzuopfern hab ich nichts mehr, wozu ich immer

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willig gewesen bin. Mein Plan war gemacht mich erst meiner Bibliothek,

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darnach meines Hauses zu entledigen u dann mit meinen Kindern öffentlich

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aus dem Lande zu gehen. Gott hat meinen guten Willen durch einen beßern

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Ausgang belohnt.

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Mein Freund Penzel ist
Musquetier
bey dem Hiesigen Alt Stutterheimschen

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Regiment.
Das Fragment über die Gräntzen der alten Welt ist von ihm. Der

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Verfolg seines Lebenslaufs ist die Einleitung zum dritten Theil des
Strabo.

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Den 24 Mä
y
rz hielt er in meinem Hause eine öffentl. Vorlesung sr.

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beyden künftigen Vorreden an den Bischof zu Würzburg u Ritter Michaelis. So

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ungl. wir auch denken: ist unsere Freundschaft noch nicht unterbrochen

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worden, hat aber wohl noch mancherley
Crisis
zu überstehen. Für die Bezahlung

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seiner Bücherschuld hat er gesorgt erwartet aber erst das Geld von seinem

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Verleger nach der Oster Meße. –

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Meine kleine Kama, wie sie
Prof. Kreutzfeld
nennt, hat die Pocken

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Inoculation
Gottlob herrlich überstanden und wir werden uns vielleicht alle mit

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dem schönen Sommer erholen, wenn der Winter ausgeschneyet. Leben Sie

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vergnügt und besuchen Sie bald
si Diis placet
in seiner Gartenlaube Ihren

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alten redl.

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Freund Hamann

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Garde-Magazin

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Packhof Verwalter


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Ihre schöne Räuberin ist hier gewesen auf Eroberungen.
Penzel
hat sie bey

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Dr. Laubmeier
kennen gelernt, der sich viel Mühe gegeben sie nach Riga zu

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empfehlen
a Dio.


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Adresse mit rotem Lacksiegel (Kopf des Sokrates nach links) und Postvermerken:

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à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
Rossitten
/ en

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Courlande
.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 4.

Bisherige Drucke

ZH III 308–310, Nr. 485.