480
288/25
den 18 Jänner 777.

26
Wenn Ihnen der liebe Gott dies Jahr wieder eine Tochter bescheert; so

27
wünsch ich Ihnen zu 3 Sieben Glück; u d
enn
aß alle Ihre Töchter wie die

28
Mutter gerathen mögen.
Ainsi soit-il.

29
Wie gehts denn, lieber Freund, Verleger und Landsmann
?
/ Sind Sie

30
nach Ihrer Krankheit auch neu geboren wie ich nach meinem
Quartan
fieber,

31
mit dem ich mich ein ganz Vierteljahr, trotz meinem leibl. Bruder, gequält

32
u gepflegt

33
Just mit dem
termino
der
Auction
stellte sich der Gast als ein
Deus ex

34
machina
ein. Der
lusus naturae
sah einem politischen Streich so ähnlich, daß

S. 289
alle hiesige Kunstrichter Lust gehabt hätten eine persönliche Condolentz bey

2
mir abzustatten, wenn ich nicht zu krank gewesen Staats-Besuche

3
anzunehmen. Auch HE Lentz kam mir im
Paroxysmo
als ein Spion von Ihnen vor;

4
aus seinem Bericht w
ü
erden Sie ersehen haben, daß ich im Bett lag und

5
bis an die Ohren zu bedeckt; nur der Wohlstand erlaubte mir nicht durch

6
Zähneklappern ihn von dem Grad der Kälte zu überführen. Der Mensch

7
wollte in einem Lazaret – denn meine Mutter fiel zu gleicher Zeit mit mir ein,

8
und fiebert noch biß an den heutigen Krönungstag
ppp
nichts genießen und

9
gieng von der Wahrheit meiner Krankheit und einer herrschenden Seuche in

10
meinem Hause, so überzeugt fort daß er es für überflüßig fand den

11
Fersenpunct der Hitze zu
untersuchen
beobachten.

12
Nun will ich erzählen, was er mit meiner
Auction
vor eine Bewandnis

13
gehabt, und wie ich um meine Bücher
Msta Dona
und
Xenia
sämtlich und

14
sonders gekommen bin ohne das geringste von Belang Gott Lob! dabey

15
verloren zu haben. Weil ich meiner Pfründe wegen in Schwaben mich als ein

16
unwürdiges Mitglied der ehrwürdigen Clerisey auf deutschen Grund und

17
Boden ansehen muß; so erhielt ich den 6 des Herbstmonaths auf dem Bette

18
wie ein bloßer
galanthomme
der
bonne Dame Migraine
ohne an Gallen- u

19
Quartan
Fieber zu denken eine
auream bullam
und Ablaß Brief von dem

20
Pfarrer im Magdeburgischen Joseph Gedeon, der mich zu Gevatter bat und

21
mir als einem armen Teufel einen Zehrpfennig zur Reise schickte – – Doch

22
wer kennt die Herrn Geistlichen beßer und ihre
pias fraudes
als Ihre Herren

23
Verleger! An statt mich von dem ehrwürdigen Bruder betrügen zu laßen,

24
hab ich ihn betrogen, meinen Kern von Büchern behalten und sein Geld, das

25
er mir als eine
arrham
eines wirkl. Handels aufdringen wollte. Ich habe seit

26
der Zeit von dem Samariter und barmherzigen Ritter nichts gehört und ehe

27
er sich über seine eingebüßte
arrha
zu Tod grämen sollte, wünschte ich, daß

28
wenn Sie sich erst am
Caviar
werden müde und satt geeßen haben, mir auch

29
ein einzig Fäßchen schickten, um es mit meinem Seelen Freunde
Penzel
auf

30
Ihre Gesundheit verzehren zu können;
wenn
falls Ihnen so viel als uns

31
daran gelegen ist.

32
Ermangele hiernächst nicht, der guten Ordnung wegen, zu bescheinigen daß

33
ich den 15
Oct. a. p.
durch des HE
C.
R.
Kritings
Bedienten richtig erhalten

34
habe, wie folget:

35
1. Den 2ten Band der ältesten Urkunde für meinen Freund, den zeitigen

36
Prof. Poeseos,
dem der Autor ein
Exemplar
zugedacht und versprochen,

37
unterdeßen mir ein
Exemplar
auf
Royal
Papier
, wie ich vom ersten

S. 290
Theil erhalten habe, von Gottes und Rechts wegen gebürt, auch, mit

2
dem verdienten in Kirchen und Schulhändeln Heinrich Sch . . zu reden

3
wer
A
sagt
B
sagen muß bis zum
Zetergeschrey
.

4
2) Den ersten Band der
Zend-Avesta
für
dito;
weil ich ein
Exemplar

5
bereits von dem Verf. erhalten, und ich mit den Gaben meiner Freunde

6
auf ihre Rechnung wuchere, daß keiner von beyden Theilen dabey zu

7
kurz kommen solle, ohne mich selbst
als
die
beliebte dritte Person

8
zu vergeßen.

9
3.) Das zweyte Stück des ersten Bandes vermischte Aufsätze und Urtheile.

10
An: Hab ich das zweyte Stück verdient, warum nicht auch das
erste
?

11
4. Betrachtungen teutschen Patrioten heilig.

12
5. Briefe an junge deutsche Standespersonen.

13
6. An einen deutschen Kammerpräsidenten
II.
Abschn.
I
Forts.

14
7. Andersons Geschichte des Handels
IV
Theil.

15
8. Vier Exemplaria hierophantischer Maculatur.

16
Ob das Gerüchte gegründet ist, daß der Hierophant zu einem herzogl.

17
Profeßor
à la Gigue
degradirt und der ehrenveste
Vettius Epagathus
zu einem

18
Kgl. Pr.
Licent-
Packhaus
Inspektor promovi
rt worden, bin vor der Hand

19
nicht im stande mit Zuverläßigkeit Ihnen zu melden und bitte daher sich in

20
der
Expedition
des
Caviars
nicht zu übereilen, auch keinen Bock in der

21
Addresse
zu begehen.

22
Stellen Sie sich einmal vor liebster Hartknoch; noch keine einzige Zeile aus

23
Weimar erhalten, nicht einen Buchstaben weder von meinem ungezogen
en

24
Pathen, noch dem Patriarchen noch der Patriarchin. Heute ist der dritte Tag, daß

25
ich immer lese und wieder anfange und noch einmal lese und zum vierten mal

26
weder müde noch matt werden kann des Ungenannten Antwort im Monath

27
August des T. M. auf deßelben kaltblütige und Lucianische Frage
mensis

28
currentis anni praeteriti –


29
Fortgesetzt den 30 Jänner 777. am Tage Adelgunda.

30
Evoe!
Juchhe! Gestern saß ich in
bona pace, Prof. Kreutzfeld
und sein

31
Respondent Crispus,
zu deutsch Krause, meinem alten Sorgstuhl richt über –

32
als der Postbothe mich mit Briefen von beyden
respecti
ven Gevattern

33
erfreute. Da ist Einlage für Sie! Dem lieben Träumer Joseph Gedeon kommt

34
Weimar
wie
Riga
vor, um die
Illusion
völlig zu machen, fehlt nichts als ein

35
Besuch von Gevatter Hamann. Ein Lindner
Virbius
ist sein
Praesident
und

36
großes und gemeines Volk trägt ihn auf den Händen.

S. 291
Der seel.
Asmus
ist als der kleine lahme Görgel zeitiger
Fabricant

2
Darmstädter Neuigkeiten wider auferstanden und hat mir die Probe der 2 ersten

3
Blätter überreicht, aus denen sichtlich erhellt, daß er durch die
Reformation

4
seines Schicksals nicht um ein Haar klüger geworden, wie der WandsbeckerBote

5
An des
Königs Geburtstag
bin ich auf eine sehr
ominö
se Art allhier zum

6
Licent
Packhaus
Inspector
proclami
rt
worden, und es fehlt an nichts als

7
meiner Bestallung. Mein Nebenbuler war der
erste
Gratulant,
mein

8
Nachfolger der
2te
und meines HE
Director
u seiner Gemalin Bedienter der

9
dritte
. Daß ich mit der Braut zu Bett gehen sollte, daran hat kein Mutter

10
Mensch hier gedacht; und ich eben so wenig das
Non plus vltra
aller meiner

11
Wünsche so bald und glücklich zu erreichen: denn dies ist der
einzige Dienst

12
im ganzen Lande, den ich
in petto
und aufs Korn gehabt, ohne vermuthen zu

13
können, daß
Wybrand Blom,
der rothe
Batavier
so bald verwelken sollte.

14
Meine Werke und meine Liebe und mein Dienst, und mein Glaube und meine

15
Gedult sind also belohnt und gekrönt und versiegelt.
Bloms
Vorfahre soll

16
Storch
geheißen und gesagt haben daß alle Dienste in Pr. Eselsarbeit und

17
Zeisich Futter hatten; bey einem
Licent
packhofmeister aber wäre allein das

18
Widerspiel von Zeisicharbeit und Eselsfutter. Wenn mein Freund

19
Kauffmann
, ein Schweitzer, der mit Empfehlungsschreiben von
Lavater
an die

20
Triumviros
zu D. W. u K. versehen seyn soll, zu
spät
früh kommen sollte,

21
bitte das Fäßchen
Caviar
nur für Ihn aufzuheben, weil ich bereits am heil.

22
Abend des Königl. Geburtstages mit einem Tellervoll beschenkt worden,

23
und die Reyhe künftig Jahr an Sie kommen soll.

24
Wenn Sie den
General Superintendent
en, Oberhofprediger und

25
Oberpastor Gevatter mit der nächsten Post antworten so käme mir Ihre Einlage

26
zu Maaß, auch einen Posttag später, werde selbige auch allemal gern
promt

27
befördern. Wenn Sie dem OberLand
Commissarius
Gevatter noch nicht

28
geantwortet haben oder ich Ihre Antwort die Zeit zu ersparen in Ihrem Namen

29
thun soll, so stehe auch zu Diensten. Mehr Gevatter in Deutschland hab ich

30
nicht, verlang auch keine mehr, könnte auch keine ärgern mit Diogenes Laterne

31
in unserm ganzen
Seculo
aufgesucht haben, wenn ich die 47 Jahre meines

32
langweiligen Lebens nicht anders als suchen gethan hätte.

33
Wie gehts Ihnen, liebster Hartknoch! Sind Sie so gesund, als ich vor der

34
Hand Gottlob! bin und noch zu werden hoffe – wenn ich erst so glücklich

35
seyn werde meine Sachen in Ordnung gebracht zu haben, daß mein ganzes

36
übriges Leben nichts als ein Feyerabend eines festlichen – Ruhe und

37
Vorgeschmack seyn soll.

S. 292
Umarmen Sie Ihre liebe Hälfte und kleines Ebenbild. Grüßen Sie Ihren

2
Sohn von seinem Freunde hier und hören Sie nicht auf Gutes zu gönnen und

3
zu thun Ihrem alten treuen Landsmann Freunde Autor und Diener

4
Joh. Georg Hamann.


5
Habe drey
Dedicationen
geschrieben zu einer
Comoedia,
von der ich weder

6
Anfang noch Ende absehen kann, und die
il Dante, il divino Aretino
und

7
el Poeta Christiano
des rasenden Rolands übertreffen soll.

8
Da kein scheues Gaul, sondern der leibhafte
Cerberus
meinem Karren

9
vorgespannt ist: so können Sie leicht erachten, wie mein armer Kopf im

10
Jagdschlitten fährt und nicht von der Stelle kommt und wie sehr ich mir eine

11
Scorpionenknute zur SchreibFeder wünsche:
Ainsi soit-il!

12
Einlage nach St. Petersburg liegt vom 5
huj.
und ist beynahe am alten

13
Graben verfault u verstockt.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, V 210 f.

ZH III 288–292, Nr. 480.