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268/18
Kgsb. den 29
Novbr.
76.

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Geliebtester Freund

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Ihr Schreiben vom 16
pr.
an dem mein langer Brief eben abgegangen,

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habe nicht eher als den 31
ej.
erhalten und alles mögl. gethan um Ihre

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Aufträge zu erfüllen, wie wohl es damit nicht so geschwind zu Werk gehen

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können, weil ich noch nicht imstande bin auszugehen und gestern die 13te Woche

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meines Haus
Arrest
es angetreten. Ungeachtet mein Fieber nun einige mal

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ausgeblieben: scheint doch noch ein
caput mortuum
davon im Heerd des

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Magens u den
Extremität
en der
Peripherie
übrig geblieben zu seyn. Mein

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Gemüth u der davon abhängende Kopf haben mir aber desto mehr seit

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ungefehr 14 Tagen zu schaffen gemacht und besonders ein schweres Lager meiner

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lieben alten Hausmutter, die sich noch gar nicht recht zur Beßerung anläst.

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Bey einer kleinen kranken Magd ist die Haushaltung mit 3 muthwilligen

S. 269
Kindern eine schwere Sache für mich u Oel
für
ins Feuer meiner

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Hypochondrie u einheimischen Sorgen –
maiora lacrymis.

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Wenn es Ihnen eben so sauer wird lange Briefe zu lesen als dergl. zu

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schreiben: so darf ich wohl keine Antwort auf meinen letzten erwarten.

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Meinen Verdruß wegen des
Catholicon
habe Ihnen gemeldet. HE. v Auerswald

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hat ihn für 13 fl 16 gl. erhalten und tritt ihn ab aus Freundschaft für mich,

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hat den Preis nebst 5 fl. für den Band jedes Buchstabens wo ich nicht irre,

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auch bereits auf seine Rechnung abschreiben laßen. Den jungen Menschen

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welcher
Fabricii Bibl. Graec.
erwarb
habe mit genauer Noth in mein Haus

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bekommen, um mit ihm darüber unterhandeln zu können. Er hat 13 fl. dafür

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gegeben, möchte wohl ihn für 7
a
8 rth abtreten wenn Sie dafür soviel

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geben wollen. Weil seine Rechnung auch zieml. ansehnl. ist, so würde es

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ihm vielleicht zur Erleichterung gereichen; und ich warte auf Ihre

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Genehmigung.

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Da es mir verdroß, daß das
Catholicon
zugeschlagen worden war mit

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einer so großen
Differenz
des Preises, und Ihnen an dem Werk gelegen

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war: so ersuche inständigst mir den Werth der
Subscription à
3 rth 10

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ggl. in
Louisdor per
Buchstaben zu übermachen weil ich bereits durch den

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Commissaire en Chef
des
Catholicon
förml. gemahnt worden bin und

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ich mein
Contingent
für 3 Theile
C. B. D.
sogl. beylegen und nebst des

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andern
Subscribent
en gl
Quarto
an seine Behörde
expedi
ren werde unter

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widergeholtem Gelübde mich mit keiner
Commission
mehr in meinem

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Leben zu befaßen, weil ich nichts als
Verdruß
u
baaren Schaden
dabey

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habe.

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Mein Freund
Penzel
erbietet sich auch was er erstanden, Ihnen ohne

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Eigennutz abzutreten. Er ist ein Mann von pünctlicher Ehrlichkeit, aber gegenwärtig

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auch in der Klemme. Genommener Abrede mit dem Verleger seines Strabo

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zu Folge, hatte er für den 3ten Theil der auf der Michaelis Meße erscheinen

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sollte, 80 rth zu erwarten, die er zur
Auction
bestimmte. Nun aber wider alles

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Vermuthen der Theil ausgeblieben, steht er wegen der gemachten
Assignation

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auch im Zweifel. Da er aber ein Mann von ungeheuren Planen ist; so hat er

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seit kurzen Himmel u Hölle durch idealische Briefe aufgerührt um seine

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Bestimmung, die seinen
Talent
en ähnlich ist, zu beschleunigen, und von einigen

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schmeichle ich ihm mit etwas Fortgange.

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Einlage habe eben von der geEhrten Mama erhalten – Mit Ihrem

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Herbstübel hat es doch keine weitern Folgen gehabt, wie ich hoffe und wünsche.

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Erfreuen Sie mich mit einer baldigen Erklärung; bitte allenfalls den
Fabricium

S. 270
bis zu Ihrer Ankunft ein wenig durchblättern und
en depot
nehmen zu

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können. Leben Sie glücklicher wie ich und meinesgl. hier zu Lande.

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Ich umarme Sie und ersterbe Ihr aufrichtig ergebenster Freund

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J G Hamann.


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Unser Oberhofprediger geht nach Mitau ans
Petrinum.
Ich verliere also

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wieder meinen Beichtvater.

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Leider ist auch meine Monaden Existenz auf einen Zeitpunct eingeschränkt

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daß ich wegen abnehmenden Lichts der Augen u Tage nicht dies
vacuum
voll

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machen kann: so sehr es auch meine Seele in freundschaftl Briefen

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verabscheuet. – Grüßen Sie unsern Hofrath und Sein ganzes Haus! Amen.

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Bezahlen Sie mir durch
eine
Ihre frühe Ankunft den Verlust des vorigen

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Sommers; und laßen Sie es nicht bey bloßen
moliminibus
guter Werke

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bewenden.
Vale et faue.


14
Adresse mit rotem Lacksiegelrest und Postvermerken:

15
à Monsieur / Monsieur Lindner / Homme de lettres / à /
Rossitten
. /

16
par
Memel
.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 4.

Bisherige Drucke

ZH III 268–270, Nr. 472.