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12/23 Aug. 1760
12. August nach julianischem, 23. August nach gregorianischem Kalender, der in Riga gebräuchlich war.
den
12
/
23
Aug.
1760.
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Herzlich geliebtester Vater
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Freund
Johann Gotthelf Lindner
Gott Lob! heute in Riga glücklich angekommen; Bruder und Freund
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überrascht. Von meiner Reise auch ein Wort zu sagen, so ist selbige zieml. lustig
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Praepositus
erster Geistlicher eines Kirchsprengels
gewesen. An der kurländischen Gränze bin sehr gut von einem
Praepositus
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aufgenommen worden (ein Erzpriester in unserer Mundart) wir baten uns
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Krug
Wirtshaus
Mitau
heute Jelgava, Lettland [56° 39′ N, 23° 43′ O] (40 km südwestlich von Riga)
HE. Doctor L.
Johann Ehregott Friedrich Lindner
bey ihm Mittags zu Gaste, weil der Krug voll war. In Mitau habe bey HE.
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Doctor L. log
irt und bekam den Tag meiner Ankunft ein Glückwünschungs
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HE. General von Witten
Christopher Wilhelm Baron v. Witten
Fr. Gräfin
Apollonia Baronin v. Witten
Compliment
von dem HE.
General
von Witten und der Fr. Gräfin Exc. Exc.
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die eben in Mitau waren und denen ich den Morgen darauf aufwarten und
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mich anheischig machen mußte sie auf dem Rückwege gewis zu besuchen.
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Für meinen Bruder sehe keinen beßern Rath, als daß er versetzt wird und
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HE. Magister
Johann Gotthelf Lindner
je eher je lieber. So weit geht meine Abrede schon mit dem HE. Magister.
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Gott wird dazu Glück geben. Ich habe gute Hofnung von diesem kranken
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Baum, daß er wieder ausschlagen und von neuen grünen wird, so bald er
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verpflanzt werden möchte.
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Gott erfreue mich bald mit guten Nachrichten von Ihnen, herzlich
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geliebtester Vater, und stärke Sie an Seele und Leib. Mein Aufenthalt wird allem
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Anschein nach hier sehr kurz seyn, und ich denke am besten zu thun, wenn ich
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in Kurland den Ausgang der ganzen Sache abwarte, die zu unser aller Besten
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gereichen wird.
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HE. Archidiaconus Buchh.
Johann Christian Buchholtz
An des HE.
Archidiaconus
Buchh. HochwohlEHrwürden vermelden Sie
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meine Ergebenheit, mit der Versicherung, daß ich aus Mitau an den
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HE. M. Macziewsky
nicht ermittelt
HE.
M. Macziewsky
geschrieben und alles so gut als mögl. besorgt, weil wir uns
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nicht aufhalten konnten. Um baldige Nachricht wegen richtigen Empfangs
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habe gleichfalls gebeten. Vom erhaltenen Lachs werden Sie, liebster Vater,
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auch etwas mitgetheilt haben, noch die Pulver vom 21. vergeßen.
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Nach herzl. Gruß empfehle Sie Göttlicher Obhut, und Ihrem Gebeth und
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väterl. Andenken; der ich mit kindlicher Ehrerbietung ersterbe Dero gehorsamst
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ergebenster Sohn.
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Johann George.
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HE. Rector
Johann Gotthelf Lindner
HE.
Rector
hat 2 Stunden vorher an mich gedacht ehe ich angekommen
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bin; meinem Bruder war ich aber unerwarteter. Mein Bruder ist gesund
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genung, aber ohne Leben und Munterkeit, – – Leben Sie wohl. Gott mit uns.
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Von Johann Christoph Hamann (Bruder):
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Herzlich Geliebtester Vater,
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Die Ankunft meines Bruders hat mich in eine besondere Freude gesetzet,
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insbesondere da er mich zugleich von Dero Gesundheit versichert hat. Gott erhalte
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dieselbe und gebe Ihnen, so lange es sein gnädiger Wille ist, Kraft und Stärke Ihrem
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Antrag
den Bruder wieder mit nach Königsberg zu nehmen
Nächsten behülflich zu seyn. Ihr Gebeth, das Sie für uns und alle thun, befördere Ihren
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Beruf und gehe niemals unerhört von dem Geber alles Guten zurück. Der Antrag,
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den mir mein Bruder gethan hat, und die vielleicht die Absicht seiner Reise ist wird
S. 37
noch einigen Anstand erfordern ihn zu vollziehen. Ich empfehle mich indeßen Ihrem
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Gebethe und bin Zeitlebens mit der Kindlichsten Hochachtung Dero
treusten
Sohn
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J. C. Hamann.
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 1 (74).
Bisherige Drucke
Karl Hermann Gildemeister (Hg.): Johann Georg Hamann’s, des Magus im Norden, Leben und Schriften. 6 Bde. Gotha 1857–1868, I 285.
ZH II 35–37, Nr. 188.
Zusätze fremder Hand
36/32 –37/3
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Johann Christoph Hamann (Bruder) |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
37/2 |
treusten ]
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Korrekturvorschlag ZH 2. Aufl. (1988): treuster |