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Lieber Herr Baron,

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Hier haben Sie die verlangten Verse, an deren Wiedererinnerung Ihnen

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scheint gelegen zu seyn:

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„An die Bienen“ von
Johann Nicolaus Götz
; es waren von dem Gedicht versch. Versionen veröffentlicht.
HKB 124 ( I 267/12 )
O möcht ich, so wie ihr, geliebte Bienen seyn,

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An innerm Geiste groß, obwohl von Körper klein!

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Möcht’ ich so schnell wie ihr; so glücklich im Bemühen,

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Der Wißenschaften Feld, so weit es ist, durchziehen:

S. 279
So stark durch Emsigkeit, als fähig durch Natur

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Von Kunst zu Künsten gehn, wie ihr von Flur auf Flur;

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Bemüht den treuen Freund durch Nutzen zu ergötzen,

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Bereit dem kühnen Feind den Angel anzusetzen.

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Schulgebäu
wohl Ersetzung Hamanns statt „Melodey“
Wie sehnlich wünscht mein Herz, daß jetzt mein Schulgebäu

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An Kunst und Ordnung reich, wie eure Cellen, sey,

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Daß meines Umgangs Mark
wohl Ersetzung Hamanns statt „Und mein gelindes Lied“
Daß meines Umgangs Mark, wie euer Honig, flüße,

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So nahrhaft für den Geist,
als
wie für die Sinnen süße.


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Erinnern Sie sich, mein lieber Baron, daß von Ihrem jetzigen Schulfleiß,

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das künfftige Gebäu Ihres Glückes abhängt, der späteste Genuß Ihres Lebens

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welchen Sie selbst und andere einmal davon haben sollen. Derjenige, von dem

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jene kleine Insekten ihre Bau-kunst und Cellen-Ordnung her haben, lege den

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sehnlichen Wunsch
des Dichters auch in Ihr Herz, und erhöre denselben aus

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Ihrem Munde! Ich wage es diese Erinnerung Ihrem Gemüth noch
ein

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etwas tiefer einzudrucken, gesetzt daß ich Ihnen auch vorkommen sollte

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seit meinen jüngsten Briefe auf einmal um ein Jahrhundert älter und

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ernsthafter geworden zu seyn. Die Schule, in der an Gott gedacht wird, ist so

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gesegnet als das Haus des Egypters, wo
da
Joseph aus- und ein-gieng.

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Sonst arbeiten umsonst, die an uns bauen, mein lieber Baron; sonst

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Wächter …
Ps 127,1
Noah
1 Mo 7,1
wachen die Wächter umsonst über unsere Seelen. Gott hilft einem Noah an

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Moses
1 Mo 25ff.
Salomo
1 Kön 6
seinem Kasten, einem Moses an seiner Stiftshütte und einem Salomo an

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seinem Tempel. Als ein Mensch unter uns, hieß er des Zimmermanns

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Sohn. Ich könnte Ihnen mein eigen Beyspiel zum Beweise anführen,

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daß Er den Wehmüttern, die ihn fürchten, noch heute Häuser baue. Laßen

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Sie Ihn daher an Ihrem Schulgebäu Antheil nehmen, so wird die Mühe

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Ihres treuen Lehrers anschlagen, und die Erndte für Sie desto einträglicher

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und gesegneter seyn.

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Folgen Sie mir jetzt, mein lieber Baron, in Aesops Garten, deßen Anmuth

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an keine Jahres-Zeiten gebunden ist. Ein kleiner Spatziergang wird uns gut

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thun auf die starken Wahrheiten, womit ich Sie unterhalten habe. Wir

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kommen eben zu rechter Zeit, um ein Gespräch der Frau Gärtnerinn mit

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einem Honig-Fabrikanten abzulauschen.


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„Die Biene“ aus
Gleim,
Fabeln
Eine kleine Biene flog

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Emsig hin und her, und sog

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Süßigkeit aus allen Blumen.


S. 280
„Bienchen!“ spricht die Gärtnerinn,

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Die sie bey der Arbeit trift

3
„Manche Blume hat doch Gift

4
Und Du saugst aus allen Blumen?“


5
„Ja“ – sagt sie zur Gärtnerinn,

6
„Ja – das Gift – laß ich darinn.“


7
Sie werden so gütig seyn Sich dieser Biene bey Lesung meiner Briefe zu

8
erinnern, und gegenwärtige Fabel als eine Antwort auf einige Stellen Ihrer

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Zuschrift
nicht überliefert
letzten Zuschrift anwenden. Nach einem unterthänigen Empfehl an die

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Gnädige Frau Reichs-Gräfinn und des HErrn
Generals Excell. Excell.
und

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den verbindlichsten Grüßen an Fräulein Schwester und den kleinen Baron,

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verharre mit der aufrichtigsten Zärtlichkeit Dero ergebenster Diener.

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Hamann.


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Riga den Nov. 1758.

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Ihre Briefe sind so gut buchstabiert, daß ich mich darüber freue. Ich wünsche

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Ihnen, mein lieber Baron, von Herzen Glück dazu, und verspreche Ihnen,

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wenn Sie darinn fortfahren, eben einen so guten Erfolg in der Kunst zu

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denken, Ihre Gedanken auszudrücken – – ja in der wichtigern und größeren

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Sapienti sat
lat. sprichw. für: für den Verständigen genug
Kunst zu leben.
Sapienti sat
– wird ein Gönner von mir in seinem Herzen

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sagen, und mit Augenmaaß, aufmerksamen Sinnen zu einer anderen

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Abschrift sich Zeit nehmen.

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1940. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], II 42.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, I 331–334.

ZH I 278–280, Nr. 129.

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
280/1
–6
„Bienchen!“ […] darinn.“]
Die Auszeichnungs-Konvention für Anführungszeichen des 18. Jahrhunderts wurde modernisiert (wie ZH es auch sonst tut, aber hier unterlässt).