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Herzlich geliebtester Freund
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Zuförderst meine besten Glückwünsche zu dem kleinen Riesen, den Ihnen
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Gott hier geschenkt. Er erhalte ihn zu Seiner Ehre und Ihrer Freude. Mein
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Hänschen ist in Graventyn bey seinem Freund Ernst Deutsch seit dem 24
pr.
und
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dürfte kaum vor 3 Wochen zurück kommen. Meine 3 Sibyllen sind bey
Me
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Courtan,
vermuthl. in Gesellschaft Ihrer lieben Tochter. Ich bin nicht im stande
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auszugehen, sonst wär ich auch da – will gern an Herder schreiben und es geht
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nicht von der Stelle. Er ist in sr Abwesenheit u während einer kleinen Wallfahrt
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mit dem ältesten Sohn (unterdeßen sein Geschwister die Blattern gehabt) mit
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einem jungen
Emil
den 1
Junii
erfreut worden. Stellen Sie sich die
Männin
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vor, die ihren Mann fortschickt, vier kranke Kinder abwartet und das 6te glückl.
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zur Welt bringt.
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Den 24
Julii
hat mich HE.
Podbielski
besucht, mir 17
Cahiers
von
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Zeichnungen und ein Wörterbuch selbst ins Haus gebracht. Was es mit den Kupfern für
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Bewandnis hat, weiß ich nicht, und habe selbige deshalb in
depot
genommen,
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bis auf weitere Vorschrift. Wegen des Wörterbuchs bitte mir nächstens den
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Preis zu melden, ohngeachtet ein franz. portugiesisches Lexicon wenig frommt;
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u eigentl. nach einem portugies-franz. unser Wunsch gewesen, so wird es doch
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Hill behalten im Vertrauen, daß es nicht gar zu kostbar seyn wird.
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Ich hatte meinen Geburts Monath dazu bestimmt meine Briefschulden
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abzumachen. Der gute Arndt ist einer meiner besten Gläubiger. Er wird mit meinem
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schriftl. Dank Gedult haben, da er auf einen thätigen ohnehin Verzicht thun
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muß. Ich habe nach Gr. Schwansfeld gegen Ende des May geschrieben wegen
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des abzuholenden Packs, aber auch keine Antwort erhalten, auch den
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Jahrmarkt über umsonst auf eine Gelegenheit gewartet, die sein Bruder mir
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anweisen würde. Einer seiner Nachbarn hat es auf sich genommen mich deßhalb zu
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befriedigen. Ich habe über Post damals geschrieben u mein Sohn hat den Brief
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selbst bestellt. Ich begreife also nicht, warum ich keine Antwort erhalten.
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Endl. ist unser
Sala
rien
Etat
unter den fürchterlichsten Erwartungen
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angekommen. Ungeachtet der König gestrichen und
subtrahirt
auf eine barbarische
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Art, so sind doch die Bedienten im Packhofe zieml. gut durchgekommen und ich
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habe meins auch Gottlob! erhalten. Unsere Biergelder wird der König selbst
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verrechnen –
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Es ist noch ein mathematisch Buch von Kant hier zurück gelaßen worden, für
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das Hans sorgen soll, wenn er zurückkomt. Mehr weiß ich Ihnen nicht zu
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melden. Behalten Sie mich in Ihrer Liebe und gutem Andenken. Ich umarme Sie
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und ersterbe unter den herzlichsten Wünschen für das Wohl Ihres ganzen
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getheilten und zerstreuten Hauses und einer baldigen vergnügten Samlung an
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Einen Heerd Ihr alter treuergebener Freund u Diener
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Johann Georg Hamann.
den 4
Aug
83
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den 5.
Diesen Vormittag überraschte mich HE Voldenscher
er
das erste mal;
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ich kannte ihn nicht einmal mehr. Natürlich war auch die Rede von Ihnen, u ich
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habe das Vergnügen Ihnen in seinem Namen ein gedrucktes
Billet
beyzulegen.
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Der Innhalt wird Ihnen so erfreulich seyn als mir
selbst
.
Meine Mädchen
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haben nicht das Vergnügen, das ich ihnen gewünscht, gehabt Ihre muntere
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Albertine gestern kennen zu lernen. Ihre Frau Gemalin befindt sich so wol, daß
13
S
sie bereits an Ihre Abreise denken soll. Meine wahre innige Achtsamkeit
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eine traurige Gestalt nicht Schau zu stellen, wo man an gute Gesellschaft
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verwöhnt ist – hat vielleicht einen gantz andern Schein. Doch leider! scheint es mein
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Schicksal zu seyn einige ebenso sehr durch einen guten als andere durch einen
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schlechten Schein, ohne meine Schuld zu hintergehen. Leben Sie wol und hören
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Sie nicht auf der Freund zu seyn des Ihrigen. Nächstens mehr und hiemit Gott
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empfohlen.
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Adresse mit Mundlackrest:
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HErrn / HErrn Hartknoch / Buchhändler / zu /
Riga
.
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Postvermerk:
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Memel D
7
ten
August 83
24
Vermerk von Hartknoch:
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HE Hamann in Königsberg
26
empf
d
30
July
1783
27
beantw 13
Aug
–
Provenienz
Druck ZH nach der überlieferten handschriftlichen Abschrift Arthur Wardas. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
ZH V 65 f., Nr. 707.
Zusätze fremder Hand
66/25 –27
|
Johann Friedrich Hartknoch |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
65/12 |
Junii |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: Junii |
66/6 |
Aug |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: Aug |
66/10 |
selbst . |
Geändert nach der Abschrift Wardas; ZH: selbst. |