629
321/15
Kgsb den 11 Aug 81.

16
Herzlich geliebtester Freund,

17
Ihre letzte
Einl
Zuschr. den 16
pr.
erhalten nebst Einl. von Kleuker, und

18
vom
Prof.
Kant ein gebunden Exemplar den 22
ej. Dom. VI. p. Tr.
Bereits

19
den 1
Jul.
eine
Recension en gros
fertig gehabt, aber
reponirt,
weil ich eine

20
ungl. Aufnahme besorgte. Nachtheilige Urtheile richten bisweilen mehr an

21
als vortheilhafte. Seyn Sie also wegen des Absatzes unbesorgt. Meine wenige

22
Verbindungen mit Gelehrten sind Ihnen bekannt. Bleiben Sie also Ihrem

23
System treu. Unsere neue Buchhandl. hat nur einige 20 Exempl. gehabt und

24
aus Berl. bereits noch einmal so viel bestellt, aber noch nicht angekommen.

25
Ob Hartung haben mag, weiß ich nicht.

26
An Weygand, der aber gegenwärtig in Holl. seyn soll, habe selbst

27
geschrieben unter
Wagners Couvert,
um seine Erklärung zu wißen, allenfalls den

28
Namen des Uebersetzers, am meisten aber worinn seine Beyl. bestanden hätten.

29
Sobald ich Antwort erhalte, gebe Ihnen Nachricht davon, und entschlüße

30
mich zur letzten Durchsicht der Handschrift und Ausarbeitung. Wenn es man

31
zur Ostermeße, so Gott will, fertig wird. Wir haben also noch Zeit. Gold

32
u Silber verlang ich nicht; wenn ich nur die
Defecte
meiner Bibl. ergänzen

33
kann. So viel zum
praeambulo.

S. 322
Ohne mich noch für die Materie bedankt zu haben, denn für die Form des

2
Bandes habe mit dem Ueberbringer
liquidirt,
wünschte ich doch in die

3
Zukunft und bey beqvemer Gelegenheit mein
defect
es Exemplar ergänzt zu

4
sehen zu meinem
privat
Gebrauch, wozu das
Dedications
Exempl. zu schade

5
ist. Denn kommt es zur Ausgabe des Hume, so werde ich wie Sie leicht

6
erachten können,
Kants Kritik aller speculativen Theologie
, welche ein

7
Hauptstück seines Buchs ausmacht u vorzügl. ausgearbeitet ist,
cum studio

8
et labore
durchwühlen müßen, unterstreichen,
margini
ren u
obeli
siren.


9
Unsere Rechnung steht nunmehr wie folget:

10
     
Epoques
 = 7 fl.

11
     
Histoire
des
Oiseaux
  24 –

12
Beaumarchais
  12   

13
       Macht
  43 fl. Hiervon an die Frau Cons. Räth. bezahlt den 19
Jul.

14
  22 : 15 gl./für mich an klei
nen Unkosten. Bleiben noch also

15
  20 fl.15 gl. pr.


16
Im Namen des HE v. Auerswald muß ich wider eine Anfrage thun; ob

17
es Ihnen mögl. nach Ihrer Beqvemlichkeit den 6 und 10. Theil der Eschenb.

18
Uebersetzung von Shakespear zu verschaffen?

19
Zu meinem eigenen Behuf erkundige ich mich, nach einer kleinen Brochüre,

20
welche den Titel führt: der
gerechte Momus
und in der Schweitz

21
ausgekommen, worinn eine Satyre auf unsern Herder stehen muß. Sollten Sie

22
selbige haben und sie ist der Mühe werth, so wünschte mir ein Exempl.

23
davon auf eine gute Gelegenheit aufzuheben u. den
Betrag
deßelben nebst

24
dem Preise des
Trappschen Sendschreiben an Semmler
, dafür ich Ihnen

25
auch noch schuldig bin, zu melden, damit ich die Summe von beyden zu Ihrem

26
Conto addi
ren kann.

27
Ich habe seit 14 Tagen angenehme Zerstreuungen gehabt durch den Besuch

28
den ein junger Herr
von Hogendorp
seinem ältern Bruder einem hiesigen

29
Lieutenant
abgelegt. Er war an mich von KapellMeister
Reichard addressirt

30
u ist gestern wider abgegangen nach dem Haag, wo seine Mutter
residirt.

31
Sein Vater ist in
Batavia
und Schriftsteller, hat unter andern einen Roman

32
Sophronisbe geschrieben über die Inoculation, den ich nächstens erwarte.

33
Ein liebenswürdiger hoffnungsvoller Jüngling von 19 Jahren, der sein latein,

34
griechisch, engl.
pp
mit vielem Fortgange treibt.

35
Grüßen Sie HE Sidow, wenn er dort ankommt von deßen guten

36
Aufnahme in Curl. mir auch
Mlle
Stoltz Nachricht gegeben. Meine Silhouette

S. 323
ist ihm nicht gerathen. Ich erwarte aber Ihr versprochenes; und will ihm bey

2
seiner Rückkunft lieber zum drittenmal sitzen.

3
Das Zettelchen an HE
Toussaint
ist sogl. an
Me Courtan
bestellt und weiter

4
abgegeben worden. Erinnern Sie doch unsern Freund Arndt, daß er mir noch

5
den
zweiten Theil
von seiner Uebersetzung der Verordnungen schuldig ist.

6
Kommen noch mehrere Theile heraus?

7
Melden Sie mir doch, von wem die Samml. der Sinngedichte herstamt,

8
davon der erste Theil in ihrem Verlage herausgekommen? Ich habe selbige

9
dieser Tagen zum erstenmal zu Gesichte
gekommen
, und wurde deswegen

10
befragt, ohne darauf antworten zu können.

11
Die
Chevilah Emanah
mag so ein gelehrtes Buch
seyn
als es will, so gehört

12
es nicht zur Frage von der hieroglyphischen Sprache. Hierüber bin ich

13
wenigstens zuverläßig versichert. Wenn in den Greifswalder Zeitungen nicht von

14
dieser
hieroglyphischen Qvelle
die Rede ist; so verlang ich von seinen

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Prophezeyungen und astronomischen Grillen nichts zu wißen.

16
Kant redt von einem Auszuge seiner Kritik im populairen Geschmack, die er

17
für die Layen herauszugeben verspricht. Ich wünschte sehr, liebster Freund,

18
daß Sie sich nicht abschrecken
ließen
, wenigstens keine Gleichgültigkeit

19
gegen ihn merken ließen, und sich um seine fernere Autorschaft, soviel sich

20
thun läst, zu bekümmern schienen. Wenigstens ist er
bona fide
mit Ihnen zu

21
Werk gegangen und schmeichelt sich damit, daß je älter sein Werk werden,

22
desto mehr Leser finden wird. Der Zug von der Michaelismeße wird Ihnen

23
Licht geben und vielleicht Anlaß –
auch
etwa eine kleinere populairere

24
Schrift zu Ihrer Schadloshaltung von ihm zu
er
bitten, und ihn mit
reinem

25
Wein
zu berauschen oder aufzumuntern zu einem kleineren
Werk
Buch,

26
das mehr nach dem Geschmack des Publici ist; denn dies war zu abstract

27
und zu kostbar für den großen Haufen.

28
Wie gehts denn mit Ihrer Gesundheit? Die Qveckencur hat mir herrl.

29
Dienste gethan, und Herder ist ohne es zu wißen mein Artzt gewesen.

30
Sie und Wagner machen gemeinschaftliche Sache meinem Michel den

31
Buchhandel zu verleiden. Letzterer hat ihm auch mit vieler Begeisterung davon

32
abgerathen. Sein eigner Geschmack geht auf
Medicin,
in welchem Fall ich

33
sehr wünschte, daß er im stande wäre die Araber in dieser Wißenschaft zu

34
studieren. Herr von Hogendorp hat ihn im Baden
initiirt.

35
Dengel habe ich 2 fl. Handgeld gegeben für Wetzels Vorschriften und

36
Wagner einen runden Thaler für den ersten Theil der Bayerschen Schriften

37
der Herders Abhandl. enthält. Unter den neuen Sachen die ich
gelesen
, ist

S. 324
die Apologie der Apokalypse, der Vernunft (gegen Seiler) und die kritische

2
Geschichte des Chiliasmus, deßen Autor ich gern wißen möchte, das

3
Vorzüglichste. Wezel soll Verf. der Schrift über Sprache
p
der Teutschen seyn.

4
Seit 8 Tagen einen Brief nach Weimar angefangen – Gehirn und
Kreuz

5
Herz sind ganz ausgetrocknet. Ist unsers Landsmanns Andenken noch dort,

6
wie es sich gebührt? Was meynen Sie bey einer etwanigen
Vacanz
der

7
dortigen
Ihrer
Superintendentur
– Wie verhält sich selbige zu seinem

8
gegenwärtigen Posten? Ich sehe weder Wahrscheinlichkeit noch Möglichkeit dorthin

9
zu kommen. Wie wär’s wenn er hier durchkommen müste. Antworten Sie

10
mir doch auf diesen Punct, den ich lange
in petto
gehabt. Seine dortige Lage

11
scheint eben nicht Wahl oder Willkühr, sondern ehe das Gegenteil zu seyn.

12
Legen Sie ihm also nichts zur Last.

13
Prof.
Köhler den ich noch nicht kenn hat dem neuen Laden ein
Mst

14
angeboten und 2 #
p
Bogen gefordert. Es besteht aus lauter Lesarten einer

15
Novelle
im
Corp. Juris
oder etwas ähnl. Natürlicher weise hat man nicht

16
die Kosten des Drucks dran wagen wollen, geschweige die Arbeit bezahlen,

17
die ohnehin nicht weither ist.

18
Vom Privatleben Ludw.
XV.
habe 3 Theile gelesen, – und erwarte heute

19
den 4ten. Der vorige ist zieml. langweilig. Die deutsche Uebersetzung blos

20
angesehen. Einige
Chansons
auf unsern Philosophen sind ausgelaßen, wie

21
ich bemerkt. In den
Philippiques
ist in der 2ten Ode ein Vers ausgelaßen,

22
und meine Handschrift hat auch noch einige Änderungen, worunter manche

23
beträchtl. sind. Weder mein geschriebenes noch das gedruckte sind
complet.

24
Soviel ist gewiß, und daß an dem
Defect
auch nicht viel eben gelegen ist.

25
Noch liegen 2
Foliant
en von des Heil.
Thomas Aquinas
Werken auf

26
meinem Tisch. – und des Lesens ist so viel, daß man Denken und Schreiben

27
darüber verlernt und beynahe vergißt.

28
Nicolai soll seinen Sohn nach Wien gebracht haben und die Uebersetzung

29
Louis XV.
einem armen Mann zum Besten in Verlag genommen haben.

30
Der feine Druck empfielt sie eben so wenig, als die
Portraits
des Original.

31
Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemalin. Gott erhalte Sie und

32
alle die Ihrigen nach Herzenswunsch. Meinen verbindlichsten Gegengruß an

33
die beyde würdigen Halbbrüder.

34
Gehts Arndt wol? Kr R. Hippel ist den 3 nach Berl. gegangen, versprach

35
auch W. zu sehen. Ist Lenz noch in Peterb.? Ob ich ihm geantwortet, weiß

36
ich nicht. Einl. sind aber sogl. nach der Schweitz abgegangen.

37
Leben Sie wol und behalten Sie im treuen Andenken mich u die Meinigen.

S. 325
Hänschen besucht einen Kranken, der sich den Arm zerbrochen und sein

2
Mitzuhörer im Hiob ist. Gegen meinen Geburtstag hoffen wir die
Genesin
zu

3
Ende zu bringen – im Engl. lesen wir
Popens Essay on Criticism
zum

4
andernmal. Das französische wird sich wol bis zum Herbst oder Winter

5
verziehen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund

6
Johann Georg Hamann.


7
Adresse mit Mundlackrest:

8
Herrn / Herrn Hartknoch, / Buchhändler / zu / Riga.


9
Vermerk von Hartknoch:

10
HE
Hamann
in
Königsberg

11
Empf den 10
Aug
1781

12
beantw
d
11 –

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.

Bisherige Drucke

Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VI 204–206.

ZH IV 321–325, Nr. 629.

Zusätze fremder Hand

325/10
–12
Johann Friedrich Hartknoch

Textkritische Anmerkungen

Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter Quellen verifiziert werden konnten.
323/9
gekommen
]
Geändert nach Druckbogen 1943; ZH:
bekommen