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321/15
Kgsb den 11 Aug 81.
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Herzlich geliebtester Freund,
17
Ihre letzte
Einl
Zuschr. den 16
pr.
erhalten nebst Einl. von Kleuker, und
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vom
Prof.
Kant ein gebunden Exemplar den 22
ej. Dom. VI. p. Tr.
Bereits
19
den 1
Jul.
eine
Recension en gros
fertig gehabt, aber
reponirt,
weil ich eine
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ungl. Aufnahme besorgte. Nachtheilige Urtheile richten bisweilen mehr an
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als vortheilhafte. Seyn Sie also wegen des Absatzes unbesorgt. Meine wenige
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Verbindungen mit Gelehrten sind Ihnen bekannt. Bleiben Sie also Ihrem
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System treu. Unsere neue Buchhandl. hat nur einige 20 Exempl. gehabt und
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aus Berl. bereits noch einmal so viel bestellt, aber noch nicht angekommen.
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Ob Hartung haben mag, weiß ich nicht.
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An Weygand, der aber gegenwärtig in Holl. seyn soll, habe selbst
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geschrieben unter
Wagners Couvert,
um seine Erklärung zu wißen, allenfalls den
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Namen des Uebersetzers, am meisten aber worinn seine Beyl. bestanden hätten.
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Sobald ich Antwort erhalte, gebe Ihnen Nachricht davon, und entschlüße
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mich zur letzten Durchsicht der Handschrift und Ausarbeitung. Wenn es man
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zur Ostermeße, so Gott will, fertig wird. Wir haben also noch Zeit. Gold
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u Silber verlang ich nicht; wenn ich nur die
Defecte
meiner Bibl. ergänzen
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kann. So viel zum
praeambulo.
S. 322
Ohne mich noch für die Materie bedankt zu haben, denn für die Form des
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Bandes habe mit dem Ueberbringer
liquidirt,
wünschte ich doch in die
3
Zukunft und bey beqvemer Gelegenheit mein
defect
es Exemplar ergänzt zu
4
sehen zu meinem
privat
Gebrauch, wozu das
Dedications
Exempl. zu schade
5
ist. Denn kommt es zur Ausgabe des Hume, so werde ich wie Sie leicht
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erachten können,
Kants Kritik aller speculativen Theologie
, welche ein
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Hauptstück seines Buchs ausmacht u vorzügl. ausgearbeitet ist,
cum studio
8
et labore
durchwühlen müßen, unterstreichen,
margini
ren u
obeli
siren.
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Unsere Rechnung steht nunmehr wie folget:
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Epoques
= 7 fl.
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Histoire
des
Oiseaux
24 –
12
Beaumarchais
12
13
Macht
43 fl. Hiervon an die Frau Cons. Räth. bezahlt den 19
Jul.
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22 : 15 gl./für mich an klei
nen Unkosten. Bleiben noch also
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20 fl.15 gl. pr.
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Im Namen des HE v. Auerswald muß ich wider eine Anfrage thun; ob
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es Ihnen mögl. nach Ihrer Beqvemlichkeit den 6 und 10. Theil der Eschenb.
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Uebersetzung von Shakespear zu verschaffen?
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Zu meinem eigenen Behuf erkundige ich mich, nach einer kleinen Brochüre,
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welche den Titel führt: der
gerechte Momus
und in der Schweitz
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ausgekommen, worinn eine Satyre auf unsern Herder stehen muß. Sollten Sie
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selbige haben und sie ist der Mühe werth, so wünschte mir ein Exempl.
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davon auf eine gute Gelegenheit aufzuheben u. den
Betrag
deßelben nebst
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dem Preise des
Trappschen Sendschreiben an Semmler
, dafür ich Ihnen
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auch noch schuldig bin, zu melden, damit ich die Summe von beyden zu Ihrem
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Conto addi
ren kann.
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Ich habe seit 14 Tagen angenehme Zerstreuungen gehabt durch den Besuch
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den ein junger Herr
von Hogendorp
seinem ältern Bruder einem hiesigen
29
Lieutenant
abgelegt. Er war an mich von KapellMeister
Reichard addressirt
30
u ist gestern wider abgegangen nach dem Haag, wo seine Mutter
residirt.
31
Sein Vater ist in
Batavia
und Schriftsteller, hat unter andern einen Roman
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Sophronisbe geschrieben über die Inoculation, den ich nächstens erwarte.
33
Ein liebenswürdiger hoffnungsvoller Jüngling von 19 Jahren, der sein latein,
34
griechisch, engl.
pp
mit vielem Fortgange treibt.
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Grüßen Sie HE Sidow, wenn er dort ankommt von deßen guten
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Aufnahme in Curl. mir auch
Mlle
Stoltz Nachricht gegeben. Meine Silhouette
S. 323
ist ihm nicht gerathen. Ich erwarte aber Ihr versprochenes; und will ihm bey
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seiner Rückkunft lieber zum drittenmal sitzen.
3
Das Zettelchen an HE
Toussaint
ist sogl. an
Me Courtan
bestellt und weiter
4
abgegeben worden. Erinnern Sie doch unsern Freund Arndt, daß er mir noch
5
den
zweiten Theil
von seiner Uebersetzung der Verordnungen schuldig ist.
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Kommen noch mehrere Theile heraus?
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Melden Sie mir doch, von wem die Samml. der Sinngedichte herstamt,
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davon der erste Theil in ihrem Verlage herausgekommen? Ich habe selbige
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dieser Tagen zum erstenmal zu Gesichte
gekommen
, und wurde deswegen
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befragt, ohne darauf antworten zu können.
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Die
Chevilah Emanah
mag so ein gelehrtes Buch
seyn
als es will, so gehört
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es nicht zur Frage von der hieroglyphischen Sprache. Hierüber bin ich
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wenigstens zuverläßig versichert. Wenn in den Greifswalder Zeitungen nicht von
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dieser
hieroglyphischen Qvelle
die Rede ist; so verlang ich von seinen
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Prophezeyungen und astronomischen Grillen nichts zu wißen.
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Kant redt von einem Auszuge seiner Kritik im populairen Geschmack, die er
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für die Layen herauszugeben verspricht. Ich wünschte sehr, liebster Freund,
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daß Sie sich nicht abschrecken
ließen
, wenigstens keine Gleichgültigkeit
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gegen ihn merken ließen, und sich um seine fernere Autorschaft, soviel sich
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thun läst, zu bekümmern schienen. Wenigstens ist er
bona fide
mit Ihnen zu
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Werk gegangen und schmeichelt sich damit, daß je älter sein Werk werden,
22
desto mehr Leser finden wird. Der Zug von der Michaelismeße wird Ihnen
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Licht geben und vielleicht Anlaß –
auch
etwa eine kleinere populairere
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Schrift zu Ihrer Schadloshaltung von ihm zu
er
bitten, und ihn mit
reinem
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Wein
zu berauschen oder aufzumuntern zu einem kleineren
Werk
Buch,
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das mehr nach dem Geschmack des Publici ist; denn dies war zu abstract
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und zu kostbar für den großen Haufen.
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Wie gehts denn mit Ihrer Gesundheit? Die Qveckencur hat mir herrl.
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Dienste gethan, und Herder ist ohne es zu wißen mein Artzt gewesen.
30
Sie und Wagner machen gemeinschaftliche Sache meinem Michel den
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Buchhandel zu verleiden. Letzterer hat ihm auch mit vieler Begeisterung davon
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abgerathen. Sein eigner Geschmack geht auf
Medicin,
in welchem Fall ich
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sehr wünschte, daß er im stande wäre die Araber in dieser Wißenschaft zu
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studieren. Herr von Hogendorp hat ihn im Baden
initiirt.
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Dengel habe ich 2 fl. Handgeld gegeben für Wetzels Vorschriften und
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Wagner einen runden Thaler für den ersten Theil der Bayerschen Schriften
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der Herders Abhandl. enthält. Unter den neuen Sachen die ich
gelesen
, ist
S. 324
die Apologie der Apokalypse, der Vernunft (gegen Seiler) und die kritische
2
Geschichte des Chiliasmus, deßen Autor ich gern wißen möchte, das
3
Vorzüglichste. Wezel soll Verf. der Schrift über Sprache
p
der Teutschen seyn.
4
Seit 8 Tagen einen Brief nach Weimar angefangen – Gehirn und
Kreuz
5
Herz sind ganz ausgetrocknet. Ist unsers Landsmanns Andenken noch dort,
6
wie es sich gebührt? Was meynen Sie bey einer etwanigen
Vacanz
der
7
dortigen
Ihrer
Superintendentur
– Wie verhält sich selbige zu seinem
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gegenwärtigen Posten? Ich sehe weder Wahrscheinlichkeit noch Möglichkeit dorthin
9
zu kommen. Wie wär’s wenn er hier durchkommen müste. Antworten Sie
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mir doch auf diesen Punct, den ich lange
in petto
gehabt. Seine dortige Lage
11
scheint eben nicht Wahl oder Willkühr, sondern ehe das Gegenteil zu seyn.
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Legen Sie ihm also nichts zur Last.
13
Prof.
Köhler den ich noch nicht kenn hat dem neuen Laden ein
Mst
14
angeboten und 2 #
p
Bogen gefordert. Es besteht aus lauter Lesarten einer
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Novelle
im
Corp. Juris
oder etwas ähnl. Natürlicher weise hat man nicht
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die Kosten des Drucks dran wagen wollen, geschweige die Arbeit bezahlen,
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die ohnehin nicht weither ist.
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Vom Privatleben Ludw.
XV.
habe 3 Theile gelesen, – und erwarte heute
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den 4ten. Der vorige ist zieml. langweilig. Die deutsche Uebersetzung blos
20
angesehen. Einige
Chansons
auf unsern Philosophen sind ausgelaßen, wie
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ich bemerkt. In den
Philippiques
ist in der 2ten Ode ein Vers ausgelaßen,
22
und meine Handschrift hat auch noch einige Änderungen, worunter manche
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beträchtl. sind. Weder mein geschriebenes noch das gedruckte sind
complet.
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Soviel ist gewiß, und daß an dem
Defect
auch nicht viel eben gelegen ist.
25
Noch liegen 2
Foliant
en von des Heil.
Thomas Aquinas
Werken auf
26
meinem Tisch. – und des Lesens ist so viel, daß man Denken und Schreiben
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darüber verlernt und beynahe vergißt.
28
Nicolai soll seinen Sohn nach Wien gebracht haben und die Uebersetzung
29
Louis XV.
einem armen Mann zum Besten in Verlag genommen haben.
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Der feine Druck empfielt sie eben so wenig, als die
Portraits
des Original.
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Empfehlen Sie mich bestens Ihrer Frau Gemalin. Gott erhalte Sie und
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alle die Ihrigen nach Herzenswunsch. Meinen verbindlichsten Gegengruß an
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die beyde würdigen Halbbrüder.
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Gehts Arndt wol? Kr R. Hippel ist den 3 nach Berl. gegangen, versprach
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auch W. zu sehen. Ist Lenz noch in Peterb.? Ob ich ihm geantwortet, weiß
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ich nicht. Einl. sind aber sogl. nach der Schweitz abgegangen.
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Leben Sie wol und behalten Sie im treuen Andenken mich u die Meinigen.
S. 325
Hänschen besucht einen Kranken, der sich den Arm zerbrochen und sein
2
Mitzuhörer im Hiob ist. Gegen meinen Geburtstag hoffen wir die
Genesin
zu
3
Ende zu bringen – im Engl. lesen wir
Popens Essay on Criticism
zum
4
andernmal. Das französische wird sich wol bis zum Herbst oder Winter
5
verziehen. Ich umarme Sie und ersterbe Ihr alter treuer Freund
6
Johann Georg Hamann.
7
Adresse mit Mundlackrest:
8
Herrn / Herrn Hartknoch, / Buchhändler / zu / Riga.
9
Vermerk von Hartknoch:
10
HE
Hamann
in
Königsberg
11
Empf den 10
Aug
1781
12
beantw
d
11 –
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
Friedrich Roth (Hg.): Hamann’s Schriften. 8 Bde. Berlin, Leipzig 1821–1843, VI 204–206.
ZH IV 321–325, Nr. 629.
Zusätze fremder Hand
325/10 –12
|
Johann Friedrich Hartknoch |
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
323/9 |
gekommen ]
|
Geändert nach Druckbogen 1943; ZH: bekommen |