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Geliebtester Freund

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Am heil. Abend erhielt ich Ihre Einl. durch HE Jacobi u habe am ersten

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Feyertage des Morgens vor der Kirche der Fr. Consistorialräthin Ihren

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Antheil eingehändigt. Daß Sie sich so lange Zeit um Ihre Sachen nicht

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bekümmert, unsern Landsmann und meinen Wohltäter den Kapellmeister
Reichard

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noch nicht gesehen – (Kraus mag Ihnen Selbst Vorwürfe machen) – giebt mir

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ein zweydeutig
Omen
von Ihrer glücklichen oder
disharmoni
schen Lage in

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Berlin. Die Zeit wird lehren, ob der Anfang Ihres neuen Studiums mit so

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viel Schwierigkeiten oder Annehmlichkeiten verknüpft gewesen.

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HE Abrechner Schwink hat die Besorgung Ihrer Sachen übernommen und

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HE Kr. Rath Hennings, der sein Miethsmann ist mein Bürge gewesen. Er

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war so gefällig mich heute ausdrücklich deshalb zu besuchen und durch

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nachstehende Nachschrift schriftl. u mündl. zu beruhigen: „Daß Ihre Sachen mit

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dem Stettiner Schiffer
Neumann
unter der
Signatur HL
abgegangen u an

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den SchiffsAbrechner u Hofmäckler
Jac. Philipp Böhm
in Stettin

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addressirt,
letzterer unter dem 5
Oct. avisi
rt worden solches an Sie mit Beylegung

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der Berechnung von ausgelegten Unkosten u
Spesen
bestens zu befördern.

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Bis anhero ist von demselben wie es geschehen, hieher noch nichts gemeldet

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worden, obschon man zuverläßig weiß daß der Schiffer glückl. in Stettin

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angekommen. Vielleicht hat es dort an guter Gelegenheit zur weitern
Spedi
rung

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gefehlt. In dieser Woche wird von hier aus desfalls nach Stettin von neuem

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geschrieben werden um nähere Erkundigung einzuziehen. Man wird Ihre

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eingegangene
Addresse
zugl. mittheilen und bestens empfehlen, daß alles

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an Ort u Stelle kommt, falls es noch nicht geschehen.“

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Allenfalls
addressi
ren Sie sich auch an den dasigen Abrechner, der mit dem

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Stettinschen vermuthl. in Verbindung steht. So viel ist mir auch gesagt

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worden daß der Schiffer wegen
contrai
rer Winde lange in Pillau liegen

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müßen.

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Wie werden Sie es verantworten können gegen einl. Correspondenten?

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daß der Riß ohne meine Schuld geschehen, lehrt der Augenschein. Viel Glück

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zum Neujahr! Ist der Verf. der physiognomischen Reisen nicht dort bekannt.

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Ich habe den 2ten Heft sehr
interessant
gefunden.

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Haben Sie unsern Freund Kraus gesehen, so erinnern Sie Ihn das nächste

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mal meiner. Das kleine Fräulein Marianne Sophie befindet sich nach Wunsch;

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Lieschen ist aber heute bettlägericht gewesen, ich hoffe daß es bey einem kleinen

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Flußfieber bleiben wird. Alles schläft schon um mich herum –

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Vergeßen Sie mir nicht die Entwickelung der Sache bald zu melden und

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behalten Sie im guten Andenken Ihren alten Freund

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JGHamann

S. 38
Kgsberg den 27
X
br. 78.

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Empfehlen Sie mich HE Hofr.
Tottien
u grüßen alle gute Freunde.


3
Adresse mit Mundlack (Kopf des Sokrates nach links):

4
à Monsieur / Monsieur Lindner / homme de lettres / à /
Berlin
/ bey

5
HE
D. Kurella
in der alten / Leipziger Straße auf dem / Werder. /
par

6
fav

Provenienz

Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 4.

Bisherige Drucke

ZH IV 36–38, Nr. 538.