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Kgsb. den 7 März 777.
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Geliebtester Freund,
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Gestern war im stande zum ersten mal aufzustehen, da ich durch den HE
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Toussaint
die beyde Monathe
Xbre
u Jänner des Pet.
Journals
erhielt;
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aber keine Zeile von Ihnen. Zufällig hab ich gehört, daß Sie jetzt Gottlob!
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außer Gefahr aber in übler Laune sind, vielleicht haben Sie mit selbiger auch
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die
schiefe Laune
meines letzten Schreibens ausgelegt, welches ich Ihnen gar
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nicht verdenken kann. Sie sehen daß ich auch meinen neuen Dienst mit einer
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sehr ungelegenen und unwillkommenen Krankheit anfangen müßen, d
as
ie
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wieder in einem
Composito mixto
von Gallen- und Flußfieber bestanden. So
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leicht der Paroxysmus auch an sich selbst war, so hab ich mich doch nicht aus
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dem Bette rühren und mit genauer Noth lesen können, und mich mit Sorgen
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u Grillen quälen müßen, die allein allen Geschmack des Lebens auszusaugen
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im stande sind. Heute habe Gottlob mit der
China
wieder den Anfang gemacht
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und ich hoffe nächste Woche wider die Luft schöpfen zu können.
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Außer dem Dank für gütige
Expedition
und der Verlegenheit einem
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Misverständniße der Freundschaft vorzubeugen, muß ich Sie
nolens volens
mit
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einer neuen Bitte beschweren. Ich bin von einem Freunde, dem ich große
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Verbindlichkeit schuldig bin um
Herders Drama zur Musik
ersucht worden,
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hab es ihm versprochen abzuschreiben; es würde mir aber eine große
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Erleichterung bey meiner gegenwärtigen Unvermögenheit seyn, sondern auch von
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mehr Gewicht und Einfluß seyn, wenn ich ein gedrucktes Exemplar des
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gedachten
Drama: Brutus
aufzutreiben im stande wäre. Wenn Sie also im
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stande wären mir damit gefällig zu seyn: so bitte mir entweder selbiges mit
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erster Post auf meine Kosten zu übermachen, oder mich
zum
vom
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Gegentheil mit einer Zeile zu
averti
ren, damit ich mich zum Abschreiben entschließen
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kann. Ich versehe mich eins oder des andern von Ihrer gefälligen Freundschaft.
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Haben Sie schon meinem Gevatter
Claudius
antworten können von dem
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ich, weiß nicht mehr wie lange? einen Einschluß einmal an Sie erhielt. Habe
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an Gevatter Herder weder selbst bisher schreiben noch von Ihm oder sr.
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Schwester einen Einschluß erhalten, wie ich immer erwartet. Kann die Feder
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nicht halten nicht führen. Meine 3
Dedicationen
u das erste Hauptstück sind
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fertig geworden, kann nicht fortfahren, bis ich den Anfang gedruckt sehe, und
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hier stehen also die Ochsen am Berge. Weiß also nicht ob ich zur Meße
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kommen werde; soll mir auch an allem nichts gelegen seyn; denn die Einsame hat
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viel
mehr Kinder denn die den Mann hat, spricht der HErr –
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Leben Sie wohl, werden Sie so bald gesund, als ich es selbst zu werden
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wünsche und hoffe – Tragen Sie zu Ihrer Cur durch Gedult und Gelaßenheit
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das Ihrige bey. Erfüllen Sie wenn Sie können, meine Bitte in Ansehung des
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Brutus und hören Sie nicht auf der Freund zu seyn Ihres aufrichtig
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verpflichtesten Dieners.
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J G Hamann
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zeitiger
invalider
Packhof Verwalter
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Adresse mit Vermerk von Hartknoch:
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HErrn / HErn Hartknoch / Buchhändler / zu /
Riga
. /
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HE Hamann in Königsb Empf
d
5 Merz 1777 beantw.
d
8 –
Provenienz
Druck ZH nach den unpublizierten Druckbogen von 1943. Original verschollen. Letzter bekannter Aufbewahrungsort: Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, Msc. 2552 [Roths Hamanniana], I 5.
Bisherige Drucke
ZH III 297 f., Nr. 483.
Zusätze fremder Hand
298/28 |
Johann Friedrich Hartknoch |