507a
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Auszug aus Hamanns Brief
.
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Liebster Seelenfreund
Christoph,
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Vorgestern Einlage von einer
guten Frau
erhalten die eines beßern
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Schicksals werth zu sein scheint, durch eine
neue Bekanntin
, sonst hätt
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ich eher geschrieben aber ich mußte selbige abwarten. Ihre Antwort laßen Sie
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gleichfalls durch
meine
u. der hiesigen
Busenfreundin
Hände gehen.
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An allen Ihren theils mitgetheilten theils verborgenen Schicksalen nehme
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innigen Antheil. Gott führt die seinen wunderlich u. die Entwicklung seines
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Raths ist Seligkeit. Man kann immer nicht was man will – desto beßer! u.
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daß man nicht alles will was man könnte ist bisweilen auch gut. Sorgen Sie
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dafür, lieber Freund Christoph, daß ich den Kupferstich mit Ihrem
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mystischen
u.
apokryphischen
Motto durch den ersten Landsmann der nach
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Preußen kommt, erhalte; um meine Betrachtungen über das
Bild
u.
den
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Spruch
eines mir so lieben Menschen u.
Lezers
fortzusezen. Der bekannte
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St. Germain, jeziger Graf Dalton wird hier erwartet u. es wurde mit der
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ersten Nachricht davon das
Gerücht zugleich
ausgebreitet daß die Absicht seiner Reise
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wäre Sie in Petersb. aufzusuchen. Der lächerliche Einfall kam mir nicht ganz
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unwahrscheinl. vor wegen Ihrer amerikanischen Aussichten. Kommt er; so
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wird er bei der Gräfin v. Kaiserling logiren die sich meines Freundes Christoph
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fleißig erinnert u. der ich willens bin bei erster Gelegenheit einen persönlichen
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Dank dafür abzustatten.
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Den 24. Jul. ist mein lieber Phädon Moses Mephiboseth angekommen und
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den lezten
ej.
nach Memel mit s. Schwager abgereist. Den 26 erschien zu
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meiner unaussprechlichen Freude der jüngste Lindner ganz unerwartet u. geht
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schon diese Woche zurück. In 8 Tagen erwarte Moses zurück u. hoffe ihn noch
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mehr zu genießen. Also ist die mislungene Erwartung von Ihrer Seite ersezt
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u. die von meiner wird es auch werden. Im Geist werde alle Tage in
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Wandsbeck sein u.3 Gäste wären wirklich zu viel für meinen armen Gevatter
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Matthias. Bei
meiner
gegenwärtigen Crisi
verlange ich keinen in
der
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seinigen
zu sehen; aber in jenem Thal ausgegohren, älter u. milder, zum
S. 366
wirklichen Ehmann u. Hausvater deiner Elisa gereift – lieber Christoph! soll
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eine Wallfahrt über Weimar,
Wandsbek
nach der Schweiz der Feierabend
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meines köstlichen Lebens u. der Vorschmack der künftigen Welt sein. Ist dieser
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Wunsch eitel:
abeat cum caeteris omnibus.
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Melden Sie mir aus Ihrer Heimat: ob meine Ahndungen der Erfüllung
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nahe sind, u. ob so große Anstalten zum sanftesten Joch des menschlichen
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Lebens nöthig sind, u. ob eine solche Verschwendung der Zeit u. Kräfte der
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wahren Oekonomie unserer Bestimmung angemeßen ist.
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Wie ich selbst lebe. Noch immer auf dem alten Fuß, ohn zu wißen was
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eigentlich daran Schuld ist daß ich so unthätig bin. Ich habe mir vorgenommen
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diesen ganzen August zu feiern u.
so viel
Thorheiten zu begehen um den lezten
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Monat meines 47 Jahres mir merkwürdig zu machen. Ist mir die 3 ersten
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Tage ziemlich gelungen; muß heute
nolens volens
Briefe schreiben ohne meines
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Kopfes recht mächtig zu sein, werde vielleicht noch mehr Briefe schreiben als ich
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in diesem ganzen Jahr geschrieben. Aber noch nicht an unsern lieben Apostel
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Caspar. Nimmt er mir mein Stillschweigen übel so hat er Unrecht
et tant
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pis pour lui.
Umarmen Sie ihn tausend mal in meinem Namen vergeßen
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Sie nicht mir den schönen Stich mit dem Motto
zu senden
damit ich Ihre
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Sammlung complet habe. Kommen Sie nach Weimar so bitten Sie Herdern
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um aller Freundschaft u. Gevatterschaft willen mir doch noch einmal in diesem
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Jahr zu schreiben. Unser hiesige Recensent schnaubt u. knirscht über den armen
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L… u. seine
Spießgesellen
. Weil ich auch darunter gehöre so ist meine
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Freundschaft desto gleichgültiger u. langmüthiger. Kurz ich fühle das Elend
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der Menschheit in mir u. andern daß ich oft der Last des Gefühls unterliege.
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Gott der Vater im Himmel, sei Ihr treuer Rathgeber, Gefährte Schild u. Ihr
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großer Lohn! Erfreuen Sie mich bald mit Nachrichten aus Ihrer Heimath u.
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erlauben die folgende Seite für unsern gemeinschaftlichen Freund Ehrenfried.
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Willkommen in Wandsbeck! verlaufener Philanthropist! Dank für Ihre
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Silhuetten. Eine davon hab ich meinem Krause verehrt u. meine jüngste
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Freundin Stolz (
nomen et omen habet
) soll mir
die beiden
übrigen ausstaffiren mit
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einer Unterlage von schwarzem Seidenzeuge. Das
Billet
u.
der offene
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Brief.
sind sogl. bestellt worden. Der Uebersetzer des Strabo kam eben zu
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mir hat aber lange schon ein Danksagungsschreiben vom Fürsten selbst
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erhalten. Hahns Postille ist eben das Geschenk von Lavater; ich habe am Sonntag
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Trinitatis zu lesen
angefangen
den Anfang gemacht, u. der Mann ist je
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länger je mehr für meinen Geschmack, daß
ich mir
wirklich seinen
Fingerzeig
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auch wünschte oder wenigstens einen Wink von dem Inhalte dieses Buchs.
S. 367
Ich war am Fest der Dreieinigkeit so voll von einem förmlichen
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Danksagungsschreiben – u. nach entdecktem Betruge daß der
Geber
nicht der
3
Verfaßer
war abermal so voll – demungeachtet muß ich Ihnen und Consorten
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auftragen gemeinschaftlich mein unnatürl. Stillschweigen zu entschuldigen,
5
bis ich nicht nur im Stande sein werde meine
Schuld wenigstens zu
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bekennen
wo nicht zu
bezahlen
.
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Währender Zeit daß ich an diesem halben Bogen schreibe sind mir so
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unangenehme kleine Auftritte vorgefallen die mein Gemüth so zerstreuen
u.
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angreifen daß ich mich bei mir selbst
schäme
Ich schließe also mit dem
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herzlichsten Wunsch das Ziel Ihrer Wallfahrt gesund u. zufrieden zu erreichen,
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mit der gut gemeinten Warnung die
harmoniam praestabilitam
zwischen
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Können u. Wollen zu keiner Glaubenshypothese zu machen sondern ebenso
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muthig in Verleugnung als Befolgung der heiligsten Naturtriebe zu sein.
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Erfreuen Sie mich bei Weile
u.
Muße mit Nachrichten u. erhalten Sie mich
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in gutem Andenken. Der Genius der Freundschaft sei Ihr dritter unsichtbarer
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Reisegefährte bis zum Sehen u. Widersehen u. Eintreffen beßerer Zeiten. Ich
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bin u. werde niemals aufhören zu sein der beiden
fahrenden
Freunde
18
stätiger,
unbeweglicher niet- u. nagelfester Oelgöze Hans
Görgel.
Provenienz
Ein Auszug aus Hamanns Brief nach einer Abschrift vmtl. von Johann Ehrmann oder einer Schreibhilfe Lavaters, aufbewahrt in Zürich, Zentralbibliothek, Signatur FA Lav. Ms. FA Lav Ms 510.268. Original verschollen. Letzter Aufbewahrungsort unbekannt.
Bisherige Drucke
ZH III 365–367, Nr. 507a.
Digitalisat
Textkritische Anmerkungen
Der Brieftext wurde anhand der überlieferten Quellen (vgl. Provenienz) kritisch
geprüft. Notwendige Korrekturen gegenüber dem in ZH gedruckten Text wurden vorgenommen und sind
vollständig annotiert. Die in den beiden Auflagen von ZH angehängten Korrekturvorschläge werden
vollständig aufgelistet, werden aber nur dann im Text realisiert, sofern diese anhand überlieferter
Quellen verifiziert werden konnten.
365/5 |
Auszug […] Brief.] |
Geändert nach der Handschrift; ZH: (Auszug aus Hamanns Brief) |
365/6 |
Christoph, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Christoph |
365/17 |
u. ]
|
Geändert nach der Handschrift; ZH: und |
365/18 |
Lezers ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Lesers |
365/20 |
Gerücht zugleich ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Gerücht |
365/33 |
meiner |
Geändert nach der Handschrift; ZH: meiner |
366/2 |
Wandsbek ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: Wandsbeck |
366/11 |
so viel ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: soviel |
366/30 |
die beiden ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: die |
366/32 |
Brief. |
Geändert nach der Handschrift; ZH: Brief |
366/36 |
ich mir ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: ich |
367/8 |
u. ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: und |
367/9 |
schäme ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: schäme. |
367/14 |
u. ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: und |
367/18 |
stätiger, ]
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Geändert nach der Handschrift; ZH: stätiger |